RatioBlog
26.
Juli
2013

Fehlschluss #30: Der Spieler-Fehlschluss

Geschrieben von Michael Hohner am 26. Juli 2013, 12:36:04 Uhr:

Dieser Fehlschluss hat eine Ähnlichkeit zum Lotterie-Fehlschluss, denn auch hier geht es um die Fehleinschätzung von Wahrscheinlichkeiten.

Beispiele:

Es kam beim Roulette jetzt schon fünfmal hintereinander „ungerade”, jetzt muss einfach mal „gerade” kommen, deshalb setze ich jetzt darauf.
Ich habe gerade schon eine 6 gewürfelt, die kommt bestimmt nicht gleich nochmal, deswegen setze ich auf eine andere Zahl.

Der Fehlschluss ist hier, dass die Ereignisse (Roulette-Spiel, Würfelwurf) voneinander unabhängig sind, aber so gehandelt wird, als würde das nächste Ergebnis durch vorherige Ergebnisse beeinflusst werden. Beim Würfeln ist aber die Wahrscheinlichkeit, eine bestimmte Zahl zu würfeln, immer 1/6, egal wie oft vorher die gleiche Zahl gewürfelt wurde. Ein Würfelwurf beeinflusst das Ergebnis des nächsten Wurfs nicht.

Ebenso ist zwar die Wahrscheinlichkeit, eine bestimmte Zahl zu würfeln, immer gleich. Aber das heißt nicht, dass alle Zahlen in der gleichen Häufigkeit gewürfelt werden. Das wäre nur der Fall, wenn man unendlich oft würfeln würde. Man würfelt aber nur ein paarmal, und dann kann eine Zahl durchaus häufiger erscheinen als eine andere. In der Realität sind Zufallsereignisse eben nicht gleichmäßig verteilt, sondern auch mal „klumpig”.

Eine ganze Reihe von Spielstrategien haben keine solide mathematische Basis, weil sie entweder unabhängige Ereignisse so behandeln als wären sie voneinander abhängig, oder weil sie darauf setzen, dass sich eine stochastische Gleichverteilung auch in der Realität bei nur wenigen Versuchen einstellt.

Abzugrenzen sind die Situationen, in denen durch die Spielregeln zwei Ereignisse tatsächlich voneinander abhängen. Bei einer Lottoziehung wird z. B. die gezogene Kugel aus dem Ziehungsgerät entnommen, kann also bei der gleichen Ziehung nicht nochmal gezogen werden. Durch das Ziehen einer Zahl verändern sich die Ziehungswahrscheinlichkeiten der verbleibenden Zahlen. Die kompletten Ziehungen sind jedoch wieder unabhängig. Das heißt, dass bei der nächsten Ziehung die gleichen Zahlen gezogen werden wie bei der vorherigen, ist genauso wahrscheinlich wie jede andere Zahlenkombination. Eine bestimmte Kombination ist weder „verbraucht” noch „überfällig”. Es spielt also keine Rolle, ob man nach einer Lottoziehung die Zahlen wechselt oder nicht. Auch die Werbeaussage von Tippgemeinschaften, man habe besonders „gute” Kombinationen gewählt, oder man habe die bisherigen Ziehungen besonders intensiv analysiert, ist völliger Nonsens. Es gibt keine guten oder schlechten Kombinationen, alle sind gleich wahrscheinlich.