RatioBlog
Kritische Betrachtungen über Naturwissenschaften, Alternativmedizin, Alltagsmythen, Parawissenschaften und Wissenschaft in den Medien

11.
Juli
2011

Fehlschluss #4: Falsches Dilemma

Geschrieben von Michael Hohner am 11. Juli 2011, 07:40:28 Uhr:

Dieses Argument hat in etwa die Form:

Es ist entweder A oder B, und weil es nicht A ist, muss es B sein.
oder:
Es ist entweder A oder B, und weil es A ist, kann es B nicht sein.

Das wird dann zum Fehlschluss „falsches Dilemma”, wenn A und B nicht tatsächlich die einzigen Möglichkeiten sind oder sich nicht ausschließen.

Beispiel:

Wir wissen, dass für die Erscheinung keine übliche Erklärung zutrifft, deshalb war es ein außerirdisches Raumschiff.

Hier soll von vorneherein eine Entscheidung zwischen zwei Möglichkeiten erzwungen werden, eine „gewöhnliche Erklärung” einer Erscheinung (Flugzeug, Wetterballon, Meteor, etc.), oder eine „besondere Erklärung” (außerirdisches Raumschiff). Die Möglichkeit, dass die Erscheinung gar nicht stattgefunden hat, wird ohne Grund ausgeschlossen. Der UFO-Sichter könnte sich sein Erlebnis ja ausgedacht haben, um in der Presse Aufmerksamkeit zu erregen, oder er könnte Halluzinationen gehabt haben. Diese Möglichkeiten wären ein ebenso guter Grund, warum kein irdisches Objekt als Verursacher der Erscheinung gefunden wurde, so dass die Folgerung „außerirdisches Raumschiff” nicht zwingend ist.

Dieses unbegründete oder vorschnelle Ausschließen von weiteren Alternativen oder eines Graubereiches zwischen den Extremen findet auch im politischen und sozialen Bereich statt:

Wenn du nicht für uns bist, dann bist du gegen uns.

Auch das Arbeitsmotto von Sherlock Holmes fällt in diese Kategorie:

Wenn man das Unmögliche ausgeschlossen hat, muss das, was übrig bleibt, die Wahrheit sein, so unwahrscheinlich sie auch klingen mag.

Hier stellt sich das Problem, dass man nicht sagen kann, an welchem Punkt man alle Möglichkeiten betrachtet hat oder ob es vielleicht doch noch weitere gibt, die man übersehen hat. Wenn keine anderen triftigen Gründe für einen Täter sprechen als alleine das Ausschließen einer Reihe von anderen Verdächtigen, dann stellt das einen ziemlich dürftigen Beweis dar. Gut, dass Ermittler in der realen Welt so nicht arbeiten.