RatioBlog
3.
November
2010

Es war einmal: Die Rinderpest

Geschrieben von Michael Hohner am 3. November 2010, 08:09:35 Uhr:

Die Rinderpest ist eine durch Viren verursachte Infektionskrankheit, von der vor allem Haus- und Wildrinder befallen werden. Genaugenommen müsste man sagen, sie war eine Krankheit, denn sie existiert nicht mehr.

Die Erreger der Rinderpest werden vor allem direkt von Tier zu Tier übertragen, jedoch auch über verunreinigtes Wasser in der Tränke und seltener über die Luft. Nach den ersten Symptomen wie Fieber, Appetitlosigkeit und Ausflüssen aus Nase und Augen folgt meist eine stärkere Veränderung der Schleimhäute. Anschließend wird das erkrankte Tier von starkem Durchfall heimgesucht. Etwa eine bis zwei Wochen nach den ersten Symptomen sterben fast alle erkrankten Tiere.

Die Rinderpest ist nicht auf Menschen übertragbar, ist also keine Gesundheitsgefahr für die Halter, aber durch die hohe Sterberate stellte sie ein riesiges wirtschaftliches Problem dar. Die bis vor einiger Zeit wirksamste Eindämmungsmaßnahme war die Massenschlachtung von befallenen Herden. Diese konnten jedoch allenfalls die unbegrenzte Ausbreitung verhindern, jedoch die Krankheit weder am Auftreten hindern noch endgültig beseitigen. Ein Rind mit ersten Symptomen ist bereits infektiös und kann schon andere Tiere angesteckt haben, bevor der Ausbruch überhaupt bemerkt wird. Gerade in Krisenzeiten wurde die Stallhygiene oft vernachlässigt, und größere Bewegungen von Herden und Stallpersonal fanden statt, und so sorgten Massenausbrüche weltweit immer wieder für riesige Verluste. Deshalb versuchte man bald, eine wirkungsvollere präventive Gegenmaßnahme zu finden. Eine Impfung musste her.

Die ersten Versuche im 18ten Jahrhundert hatten begrenzten Erfolg. Die Impfmaßnahmen waren nicht verbreitet genug, um wirksam zu sein. Desweiteren wurde durch die damals unsterile Impfprozedur die Krankheit eher von Rind zu Rind und Hof zu Hof weitergetragen als sie einzudämmen.

Erst in den 1960ern wurde ein hochwirksamer Impfstoff entwickelt, der einem geimpften Tier mehr als 10 Jahre Immunität verschaffen konnte. Die bis dahin gewachsenen Erkenntnisse über Infektionskrankheiten allgemein sorgte auch dafür, dass durch den Impfvorgang selbst das Virus nicht mehr übertragen wurde. In den 1980ern wurden die Impfstoffe weiterentwickelt, so dass sie auch ungekühlt längere Zeit haltbar waren. Damit konnte die endgültige Ausrottung der Rinderpest in Asien und Afrika beginnen, wo die Sterblichkeit unter den befallenen Tieren besonders hoch war.

Durch eine massive Impfkampagne, besseres Herdenmanagement und (immer seltener, bei lokalen Ausbrüchen) durch Massenschlachtungen wurde die Rinderpest immer weiter zurückgedrängt. Schließlich erkrankte 2001 in Kenia das letzte Mal ein Rind an der Rinderpest. Im Jahr 2006 wurde dann die Impfkampagne eingestellt. Seit beinahe 10 Jahren ist nun weltweit kein Fall der Rinderpest mehr aufgetreten. Im Oktober 2010 steht nur noch der formale Akt aus, die Krankheit offiziell für ausgerottet zu erklären. Die Rinderpest ist damit, nach den Pocken, die zweite Infektionskrankheit, die vor allem durch Impfungen von diesem Planeten entfernt wurde.