RatioBlog
25.
Juli
2011

Fehlschluss #12: Autoritätsargument

Geschrieben von Michael Hohner am 25. Juli 2011, 07:51:17 Uhr:

Wer hat das Folgende oder Ähnliches wohl noch nicht gehört:

Hohe Dosen von Vitamin C schützen vor Erkältungen. Das sagt Linus Pauling, und der ist zweifacher Nobelpreisträger.

Hier wird aus der wissenschaftlichen oder gesellschaftlichen Stellung des Argumentierenden auf die Richtigkeit des Arguments geschlossen. Dies ist ein voreiliger Schluss, denn auch Autoritäten irren sich regelmäßig. Selbst Experten auf eine bestimmten Fachgebiet müssen überprüfbare Belege vorlegen, damit ihre Schlussfolgerungen akzeptiert werden. Wenn, wie im obigen Beispiel, zwar eine Autorität gegeben ist, aber auf einem anderen Fachgebiet (Pauling erhielt seinen Chemie-Nobelpreis nicht für die Erforschung des Vitamin C, und sein zweiter war der Friedens-Nobelpreis), dann sind erst recht schlüssige Belege erforderlich.

Besonders schwach wird das Autoritätsargument, wenn die vorgebliche Autoritätsperson nicht einmal im Ansatz ein Experte im betreffenden Gebiet ist:

Prinz Charles befürwortet die Homöopathie. Deshalb ist sie wirksam.

Alleine Charles' gesellschaftliche Stellung kann die vernichtende Nachweislage gegen die Wirksamkeit der Homöopathie nicht aufwiegen.

Dennoch scheint das Autoritätsargument beim sozialen Lebewesen Homo sapiens regelmäßig zu funktionieren. Nicht ohne Grund wird Werbung für Produkte und Dienstleistungen häufig mit Prominenten gemacht und praktisch nie mit Wirksamkeitsnachweisen oder Kosten-Nutzen-Studien.

Das umgekehrte Autoritätsargument

Auch die Umkehrung des Autoritätsarguments ist ein Fehlschluss. Wenn jemand keine Autorität in einem bestimmten Fachgebiet ist, heißt das auch nicht automatisch, dass dessen Argumente falsch sind. Wieder entscheiden hier die Belege und die Logik, ob ein Argument richtig ist oder nicht. Wenn eine Argumentation auf falschen Voraussetzungen oder fehlerhafter Logik basiert, kann sie auch von Nicht-Fachleuten in dem betreffenden Gebiet widerlegt werden.

Beispiele:

Wie kannst du etwas über Impfungen gegen Kinderkrankheiten sagen, wenn du selbst keine Kinder hast!?

Eigene Kinder erhöhen vielleicht die Kompetenz im Elternsein, aber sicher nicht die Kompetenz, die Wirksamkeit und Nebenwirkungen von Impfungen zu verstehen und abzuwägen. Die Studienlage ändert sich nicht dadurch, dass man eigene Kinder hat.

Oder:

Du hast ja keine Ausbildung in Homöopathie, deshalb kannst du deren Wirksamkeit gar nicht beurteilen.

Auch hier würde ein Auswendiglernen von Hahnemanns „Organon” nichts an der Studienlage ändern.